08.06.2020 - Die Corona-Pandemie verändert die gewohnten Abläufe in großen Teilen des öffentlichen Lebens - und damit auch die Arbeit unseres Kriseninterventionsteams. Wir retten mit unserer Tätigkeit der "psychosozialen Notfallversorgung" (direkt) keine Leben, sondern tragen "nur" zu einer förderlichen Verarbeitung traumatischer Erfahrungen bei und stehen Menschen in ihren schwersten Stunden zur Seite.

Deshalb mussten Möglichkeiten und Wege gefunden werden, einerseits den Schutz unserer ehrenamtlichen Kriseninterventionshelfer und der betreuten Menschen vor einer Infektion sicherzustellen - und andererseits das doch wichtige Angebot der Krisenintervention/PSNV für die unbestimmt lange Zeit der Coronakrise aufrecht erhalten zu können.

Als sich Anfang März 2020 allmählich abzeichnete, dass das Coronavirus auch in Deutschland nicht mehr eingedämmt werden konnte, bemühte sich das Leitungsteam des KIT Eichstätt schon frühzeitig, Informationen zu einem möglicherweise angepassten Verhalten und einzusetzender Schutzausrüstung zu erhalten. Da sich aber Informationen und Handlungsempfehlungen aus den übergeschalteten Leitungsgremien zunächst in Grenzen hielten, begannen wir uns selbst in die Materie einzulesen und unter Berücksichtigung der Empfehlungen u.a. des Robert Koch Instituts eine eigene zunächst Handlungsempfehlung, später dann Dienstanweisung für unsere Einsatzkräfte zu entwickeln.

Wesentliche Elemente unserer eigenen Dienstanweisung wurden wenige Wochen später dann auch von der Bezirksfachdienstleitung PSNV Oberbayern des BRK und dem Lagezentrum der Malteser Bayern/Thüringen so bestätigt bzw. in eigenen Handlungsanweisungen vorgegeben:

  • Alarmierungen durch die Integrierte Leitstelle Ingolstadt nehmen nicht mehr die diensthabenden Einsatzkräfte direkt entgegen. Stattdessen nimmt zunächst die Fachdienstleitung eine erste Einschätzung der Corona-bezogenen Lage vor (z.B. Anzahl der zu betreuenden Personen, Räumliche Begebenheiten, psychotraumatologischer Schweregrad der Situation) um dann zu entscheiden, ob eine reguläre Betreuung vor Ort oder eine telefonische Betreuung durchgeführt wird.
  • Jede Einsatzkraft wird mit ausreichend persönlicher Schutzausrüstung ("PSA": Einweghandschuhe, FFP2-Masken, Desinfektionsmittel, OP-Masken für Betreute) versorgt, die während des gesamten Einsatzes getragen werden muss.
  • Bestimme PSNV-bezogene Tätigkeiten und Verhaltensweisen werden an die aktuelle Situation angepasst, z.B:
    • Reduzierung von Körperkontakt auf absolute Notfälle
    • Betreuung wenn möglich außerhalb geschlossener Räume
    • Besondere Vorsichtsmaßnahmen bei der Vorbereitung von Verstorbenen für eine würdevolle Verabschiedungszeremonie
    • ...
  • Einsatzkräfte, die älter als 70 Jahre alt sind, die relevante Vorerkrankungen haben, die Symptome einer Erkältung zeigen, die einen vermuteten oder bestätigten Coronafall im Umfeld haben oder die ebenfalls im Rettungsdienst oder Katastrophenschutz aktiv sind, dürfen vorerst keine Einsätze fahren.

Der vergleichsweise frühe Zeitpunkt unserer ersten Vorbereitungen hat dazu geführt, dass wir trotz der allgemeinen Ressourcenknappheit jederzeit mit ausreichend PSA versorgt waren und unseren Dienst guten Gewissens gegenüber unseren Einsatzkräften und auch den Betreuten durchgehend aufrecht erhalten konnten.

Dennoch ist unsere alltägliche Arbeit in der Krisenintervention während der Corona-Pandemie besonderen Herausforderungen ausgesetzt: Insbesondere die reduzierte Zahl an aktiven Einsatzkräften - ein Teil der ehrenamtlichen Helfer kann in Absprache mit der Fachdienstleitung derzeit keine Einsätze fahren, weil bspw. Angehörige Teil der Risikogruppen sind oder sie einer systemrelevanten beruflichen Tätigkeit nachgehen - macht durchaus zusätzliche Planungen der Fachdienstleitung und ein erhöhtes zeitliches Engagement einzelner Einsatzkräfte erforderlich.

Aber auch im Hinblick auf die Ausbildung unseres KIT-Nachwuchses gibt es Herausforderungen: Nach einem ersten Kurswochenende für die lange und aufwendige Ausbildung zum Kriseninterventionshelfer mussten unsere drei diesjährigen Neuzugänge ihre Ausbildung nun auf unbestimmte Zeit pausieren, weil BRK und Malteser zunächst keine Zusammenkünfte ihrer Mitglieder, auch im Rahmen von Ausbildungsveranstaltungen, erlaubten. Wir hoffen aber, dass das Kursprogramm mit der Einführung entsprechender Hygienekonzepte im Sommer/Herbst wieder aufgenommen wird, damit das Kriseninterventionsteam Eichstätt auch für die Zukunft personell gut aufgestellt bleibt.